Früher hatte man einen Duden im Bücherregal gehabt. Heute googeln wir alles.
Ich tippe das Wort „fern“ im Online Duden ein, weil ich wissen will, welche Definition sich hinter meiner neuen Bezeichnung der Fern-Mutter verbirgt.
Fast schon spirituell empfinde ich die Bedeutung dieses kleinen, kurzen Adjektivs.
Ich bin eine weit entfernte, in großer Entfernung sich befindliche, in vielen Dingen fremd und unbekannte, weit zurückliegende, lange vergangene aber auch in weiter Zukunft liegende
Mutter.
Ich bin die Fern-Mutter meiner Kinder.
Als Fern-Mutter sitze ich vor eine Laptop und erlebe meine Kinder im Video-Chat.
Ich habe Snapchat, WhatsApp und Facebook als Kommunikationsmittel.
Geschenke schicke ich über Amazon, bezahle mit Paypal und buche Bahntickets online.
Virtuell und online. Auch das bin ich als Fern-Mutter.
Abends schicke ich Gute-Nacht-Smilies und Küsse, Trost-Bärchen und Tieremojis zur Aufmunterung.
Wir schicken uns Sprachnachrichten, You-Tube-Links, Screenshots und Fotos.
Es ist so einfach in der heutigen Zeit.
Als Fern-Mutter überweise ich auch den Unterhalt online.
Vor wenigen Wochen war meine Tochter nach langer Zeit, genau gesagt, nach 6 Jahren Mutterlosigkeit, für zwei Tage bei mir.
Wir haben eine interessante, lustige und kurzweilige Zeit miteinander verbracht.
In zwei Tagen versuchte ich 6 verlorene, vergangene Jahre aufzuholen, wir haben den Kultur-Crash-Kurs in Köln gemacht, die Metropolen des Rheins angeschaut, Düsseldorf, Ruhrpott und zurück, schnell das Riesenrad bestiegen um festzustellen, dass es nichts für uns ist und nur Angst-Neurotiker wie wir, in dieser kleinen hohen Gondel sitzen, wir haben kulinarisch alles abgearbeitet, was machbar war in der kurzen Zeit und sogar versucht am Bahnhof Deutz in Köln ein Milch-Shake bei Mc Donalds zu bekommen, aber dort gibt es gar keine Milchshakes.
Wir waren im Kino mit XXL-Getränken, haben einen gemütlichen Fernsehabend auf der Couch verbracht und ich musste feststellen, dass ich nicht mehr kochen kann, was nicht tragisch ist.
Es hätte so weiter gehen können….
Es wäre schön gewesen, die Entfernung zu minimieren, sich wieder aneinander zu gewöhnen.
Aber als Fern-Mutter musste ich loslassen.
Ich habe meine Tochter wie vereinbart in den Fern-Zug gesetzt und bin nach Hause zurück gefahren, wo es plötzlich wieder kalt und traurig war, entsetzlich leer, ruhig und dunkel.
Dann guckt man sich Fotos an, erstellt Videos von den vergangenen Tagen, verschickt sie online, vermisst die Zeit, vermisst die verlorene Zeit und ist unsagbar stolz, Mutter dieses Kindes zu sein.
Und Mutter des anderen Kindes, welches ich als Fern-Mutter nur ab und zu über Face-Time sehen und sprechen kann und schrecklich vermisse, genauso wie sie mich.
Das erzählt sie jedes Mal und auch, dass sie sich wünscht, dass ich wieder bei ihr bin.
Das nächste Mal erkläre ich ihr, dass ich eine Fern-Mutter bin.
Und genauso wie die Sterne am Himmel, fern, aber doch immer da.
Immer.
Wunderbare Mutter bist Du! Aber wie kommen Deine Töchter mit diesem jähzornigen, gewalttätigen, unberechenbaren, angstbesessenen Vater zurecht? Warum holst Du sie nicht zu Dir?
LikeLike
Er hat das Sorgerecht…. ich weise daraufhin, dass ich mich von den o.g. Adjektiven distanzieren möchte.
LikeLike
Es ist toll, dass Du nun eine Fern-Mutter bist, viel mehr als die letzten Jahre, mit der Chance auf noch viel mehr. Ich wünsche Euch alles, alles Liebe!!
LikeGefällt 1 Person
Danke ! 🙂 Das stimmt!
LikeGefällt 1 Person